Sexualität
& Kultur, 4(2), 67-81 (2000)
Rind, Tromovitch und Bauserman: Ihre
meta-analytische Studie ist politisch "unkorrekt", doch
wissenschaftlich hieb- und stichfest
Von Thomas D. Oellerich,
School of Social Work, Ohio University, 148 Morton Hall, Athens, OH 45701 (oelleric@aok.cats.ohiou.edu
)
Einleitung
Die Reaktion auf die Studie von Rind, Tromovitch und Bauserman (1998) war
überraschend. Aber die Antwort der American Psychological Association (APA)
war, gelinde gesagt, erschreckend und bedrückend. Anstatt dem von der Studie
ausgelösten öffentlichen Aufschrei mit einer Erörterung über das Recht der
Forschung, auch unpopuläre Ergebnisse veröffentlichen zu dürfen, und über
die Bedeutung solcher wissenschaftlicher Freiheit zu begegnen, zog es die APA
vor, sich von der Studie zu distanzieren. Sie hielt öffentlich fest, dass
sexueller Kindsmissbrauch (SKM) ernsthafte Schädigungen verursache und dass
"solche Handlungen nie als harmlos bezeichnet werden dürften..."
(APA, 1999). Auch verwarf sie die Empfehlung von Rind, Tromovitch und Bauserman,
dass zwischen missbräuchlichem und nicht missbräuchlichem Sexualverhalten
unterschieden werden sollte.
Die vorliegende Arbeit befasst sich mit diesen zwei Fragenkomplexen. Sie
hält als Erstes fest, dass die Annahme, sexuelle Handlungen
zwischen einer erwachsenen und einer nicht erwachsenen Person "sollten nie
als harmlos angesehen werden", nicht durch Untersuchungsergebnisse belegt
ist. Als Zweites stützt sie die Wichtigkeit der Differenzierung zwischen nicht
missbräuchlichem und missbräuchlichem Sexualverhalten zwischen Erwachsenen und
Kindern sowohl in der Forschung wie auch in der Praxis. Darüber hinaus soll die
Arbeit aufzeigen, warum Berufsverbände wie die APA sich vom Bericht der
Forscher Rind, Tromovitch und Bauserman distanzierten. Die vorliegende Arbeit
schliesst mit Empfehlungen, wie in Fällen von Sexualverhalten zwischen
Erwachsenen und nicht Erwachsenen vorgegangen werden sollte.
Themen
Zunächst einmal ist die pauschale Feststellung falsch, sexueller Missbrauch
sei für die betroffenen Kinder schädlich; und dieses ist - seit man den
sexuellen Missbrauch "entdeckt" hat - auch immer wieder einmal gesagt
worden. David Walters z.B. hielt es 1975 für eines der grossen Märchen in
diesem Zusammenhang, dass Missbrauch dauernden seelischen Schaden anrichte. Was
das Kind erlitten haben mag, so stellte er fest, sei nicht die Folge des
Missbrauchs an sich, sondern anderer Umstände:
Der Grossteil des psychischen Schadens, wenn es überhaupt welchen gibt,
rührt nicht von der sexuellen Handlung, sondern daher, wie diese
interpretiert wird und wie Eltern, Ärzte, Psychologen, Ermittlungsbehörden,
Lehrer und Sozialarbeiter darauf reagieren. (S. 113).
Vier Jahre später versuchte Finkelhor (1979) das Verbot sexueller Handlungen
zwischen Erwachsenen und Kindern (verstanden als solche vor der Pubertät) mit
moralischen Argumenten zu begründen, deshalb nämlich, weil eine Argumentation,
die sich auf möglichen Schaden gründete, nur schwach sei. Ihr fehle der
tatsächliche Beweis, "denn es ist möglich, dass die Mehrheit dieser
Kinder nicht geschädigt wird". (S. 693)
Etwas später, nämlich 1994, äusserte sich Martin Seligman, ehemaliger
Präsident der APA, dahingehend, dass die Annahme, sexueller Missbrauch
zerstöre die geistige Gesundheit des Opfers im Erwachsenenalter (S. 232),
längst nicht bewiesen sei. Die zur Verfügung stehende Forschung, die auf eine
Schädigung hindeute, "verzichte auf methodische Feinheiten" (S. 233).
Diese Studien seien gekennzeichnet von einer einseitigen Auswahl der
untersuchten Personen, dem Fehlen einer Kontrollgruppe und vom Versäumnis, auch
alternative Erklärungen für die Ergebnisse in Betracht zu ziehen. Er schrieb:
"Lassen wir die Ideologie beiseite, so wissen wir also immer noch nicht, ob
pädosexuelle Handlungen dem Kind später im Erwachsenenleben zum Schaden
gereichen und, wenn das der Fall ist, in welchem Mass" (S. 234).
[Klinische Studien]
Die Tatsache ist bedenkenswert, dass bei objektiver Bewertung die
vorliegenden Ergebnisse insgesamt den Schluss nahe legen, dass SKM weder
notwendigerweise noch auch nur regelmässig schädlich ist. Constantine
(1981) zum Beispiel wertete 30 Untersuchungen aus. Es zeigte sich, dass
20 davon zumindest einige Betroffene ohne
schädliche Auswirkungen auswiesen; 13 von diesen liessen den Schluss zu, dass
für die Mehrzahl der Betroffenen kein wirklicher Schaden resultierte;
und 6 förderten sogar Betroffene zutage, für die - aufgrund von
Selbsteinschätzung oder anderen Kriterien - die in der Kindheit erlebte
sexuelle Erfahrung positiv war oder möglicherweise gar gut (S. 224).
Conte (1985) nahm daran Anstoss, dass Constantine aufgrund seiner Forschungen
zu bedenken gab, dass es "legitime Fälle von sexuellen Handlungen zwischen
Kindern und Erwachsenen" geben könnte, und verglich 25 Erhebungen. Er kam
zu "dem unwiderlegbaren und widersprüchlichen Schluss, dass manche Opfer
durch SKM geschädigt zu werden scheinen und andere wiederum nicht". (S.
117).
Wie Conte werteten auch Browne und Finkelhor (1986) 28 wissenschaftliche
Studien aus. Sie kamen zum Ergebnis, dass weniger als 20% der Erwachsenen, die
als Kinder sexuelle Erlebnisse mit Erwachsenen hatten, Anzeichen
ernsthafter Psychopathologie zeigten. Sie wiesen gleichzeitig mit Besorgnis auf
die Bemühungen von Kinderschützern hin, aus politischen Motiven heraus die
schädlichen Auswirkungen zu übertreiben, was sich sowohl auf die Opfer wie
auch auf ihre Familien schädlich auswirken könnte:
Kinderschützer (sollten) die Schwere oder Unausweichlichkeit (negativer)
Folgen nicht übertreiben, (denn) durch übertriebene Behauptungen bez. der
Auswirkungen sexuellen Missbrauchs könnten Opfer wie Angehörige (...) noch
zusätzlich geschädigt werden (S. 178).
Kendall-Tackett, Williams und Finkelhor (1993) gingen 45 Studien durch. Sie
fanden heraus, dass bis zu 49% der sexuell missbrauchten Kinder
unter keinen psychischen Beschwerden litten.
Sie hielten auch fest, dass fehlende Symptome nicht den Schluss zuliessen, dass
kein Missbrauch stattgefunden habe, "da es zu viele sexuell missbrauchte
Kinder gibt, die offenbar keine Symptome aufweisen" (S. 175). Zudem zeigte
es sich, dass solche Symptome bei der Mehrzahl der Betroffenen innerhalb von
zwei Jahren mit oder ohne Therapie nachliessen. Verglich man zudem sexuell
missbrauchte Kinder in Behandlung mit nicht missbrauchten psychologisch
auffällig gewordenen Kindern in Behandlung, wiesen die sexuell missbrauchten
geringere Symptome auf als die nicht missbrauchten (S. 165).
[Repräsentative Studien]
Im Jahre 1997 berichteten [i.O. 'conducted'] Rind
und Tromovitch in einem Übersichtartikel über sieben Arbeiten zu den
Auswirkungen des SKM. Dabei benutzten sie statistische Methoden der
Zusammenfassung (sog. Meta-Analyse). Anders als die meisten bisherigen Studien,
die klinische Stichproben betrafen, benutzten sie [erstmalig] national
repräsentative Zufallsstichproben, und zwar vier aus den USA und je eine aus
Grossbritannien, Kanada und Spanien. Dabei ergab sich, dass SKM "nicht
regelmässig mit Beschwerden einhergeht und dass solche Beschwerden, wenn sie
auftreten, typischerweise nicht schwerwiegend sind" (S. 237). Die
Ergebnisse von Rind, Tromovitch und Bauserman, die
den grossen Wirbel auslösten, haben dieses Resultat nur bestätigt.
Es konnte darüber hinaus auch nicht gezeigt werden, dass SKM irgendeinen
Einfluss auf die Persönlichkeit des Erwachsenen hat. So kamen
Beitchman, Zucker, Hood, DaCosta, Akman und Cassavia (1992) nach
Durchsicht von 32 Arbeiten zu dem Ergebnis, dass es so scheine, dass SKM ernste
Langzeitfolgen habe, dass aber keineswegs klar sei, inwieweit diese dem
Missbrauch an sich angelastet werden könnten (S. 115). Levitt und Pinnell
(1995) schlossen ihren Literaturübersicht mit der Feststellung, dass es für
den "traditionell angenommenen Zusammenhang zwischen sexuellem Missbrauch
in der Kindheit als alleiniger Ursache und seelischen Störungen im
Erwachsenenalter keinen empirischen Beweis gibt". (S. 151) Die Arbeit von
Rind, Tromovitch und Bauserman (1998) zeigt nunmehr, dass SKM nicht kausal
ist. Sie berichten, dass die statistischen Zusammenhänge zwischen SKM und
Persönlichkeitsbefunden [i.O. 'adjustment'] nichtsignifikant wurden, sobald man
die familiale Situation als Störgrösse einführte. Diese Ergebnisse legen
Seligmans frühere Feststellung nahe, dass
die Behauptung, kindliches Trauma, die brutalsten Formen einmal
ausgenommen, beeinflusse die Erwachsenenpersönlichkeit, den Köpfen der
Anhänger des 'inneren Kindes' entsprungen ist. Den Fakten kann man sie nicht
entnehmen (S. 235).
Es ist also genau das Gegenteil von dem der Fall, was die APA sagt: nicht
also sollte SKM nie für harmlos gehalten werden, vielmehr folgt aus den
Tatsachen kein Grund, SKM für zwingend oder auch nur
regelmässig schädlich anzusehen.
Differenzierung der Begriffe
Zweitens: Gestützt auf ihre Erkenntnisse, empfahlen Rind, Tromovitch
und Bauserman der Wissenschaft die Verwendung neutralerer Begriffe bei der
Erforschung des Phänomens SKM. Nach ihrer Überzeugung sollte der Begriff
"Sexueller Kindsmissbrauch" auf Beziehungen beschränkt bleiben, die
nicht erwünschte sexuelle Erfahrungen beinhalteten und eine negative Reaktion
beim Minderjährigen hervorriefen. Bei Situationen, die einvernehmlich erfolgten
und von der minderjährigen Person positiv aufgenommen wurden, sollte schlicht
und einfach von Sex mit Kindern oder Sex mit Jugendlichen
gesprochen werden (S. 46). Der eine oder andere wünschte sich hier vielleicht
eine Verfeinerung dieser Empfehlung (dass man z.B. im Falle von nicht
einvernehmlichen Handlungen immer von Missbrauch spreche, unabhängig von einer
positiven oder negativen Reaktion).
Ihre Empfehlung sollte die Wissenschaft bewegen, über die rein
viktimologische Betrachtungsweise der vergangenen Jahrzehnte hinauszugehen. In
ihr wird das Kind oder der junge Mensch als passives "Opfer" gesehen (Feierman,
1990), begründet in der Überzeugung, dass das Kind oder der junge Mensch
unfähig ist, sexuelle Begierden zu haben und sexuelle Kontakte herbeizuführen.
Dementsprechend lastet man, laut Okami (1990), "was unter Gleichaltrigen
durch 'Neugierde' begründet wird, im Falle von Sexualität mit Erwachsenen
einem 'Zwang' an" (S. 93). Selbst Beziehungen, die vom Kind oder vom jungen
Menschen selbst als positiv bezeichnet werden, bewerten Viktimologen als
missbräuchlich. Für Okami (1990) widerspiegelt diese Auffassung eine
viktorianische Idealisierung des Kindes als eines asexuellen, unschuldigen
Wesens. Das ist heutzutage politisch "korrekt", aber historisch falsch
(Bullough, 1990) und wissenschaftlich unrichtig (Ceci & Bruck, 1995;
Friedrich, Grambsch, Broughton, Kuiper & Beilke, 1991; Friedrich, Fisher,
Broughton, Houston & Shafran, 1998; Lamb & Coakley, 1993).
Diese viktimologische Betrachtungsweise ist verantwortlich gewesen für viele
mit Vorurteilen behaftete und polemische Berichte, die, wie Seligman bemerkte,
diesen Forschungsbereich charakterisiert haben (Okami, 1990). Eine alternative
Betrachtungsweise ist nötig; eine, die ein solches Verhalten "eher als
eine übliche Variante menschlichen Verhaltens" ansieht "denn als
abnormale Erscheinung" (Crittenden, 1996, in seinem Handbuch der American
Professional Society on the Abuse of Children über Kindsmisshandlungen) (S.
166). Würde man sexuelle Beziehungen zwischen Erwachsenen und Kindern von
diesem Standpunkt aus betrachten, wäre ein von Vorurteilen befreiter Zugang zur
Erforschung sexueller Beziehungen zwischen Kindern und Erwachsenen eher
möglich. Laut Crittenden würde dies auch erlauben, das Wissen, das wir über
normales sexuelles Verhalten besitzen, auf Fälle auszuweiten, die jetzt noch
unter den Begriff des sexuellen Kindsmissbrauchs fallen. Dies ist jedoch kaum
möglich, solange die Wissenschaft darauf besteht, jegliches
Sexualverhalten zwischen Erwachsenen und Kindern und Erwachsenen und
Jugendlichen als missbräuchlich zu bezeichnen.
Die Anerkennung der Existenz missbräuchlicher und nicht missbräuchlicher
Beziehungen verunmöglicht nicht, solche Handlungen dennoch als unmoralisch
und/oder ungesetzlich zu bezeichnen. Conte (1985) zeigte auf, dass
Entscheidungen über die Angebrachtheit sexueller Handlungen zwischen
Erwachsenen und Nichterwachsenen aufgrund ethischer, gesetzlicher und
religiöser Grundsätze gefällt werden. Raub z.B. ist nicht ungesetzlich, weil
er psychischen Schaden anrichtet, sondern weil die Gesellschaft beschlossen hat,
dass die Leute ein Anrecht auf Eigentum haben sollten. Anders ausgedrückt: Die
Frage über die Folgen sexuellen Kindsmissbrauchs sollte nicht vermischt werden
mit der moralischen und/oder gesetzgeberischen Handhabung solcher Fälle. Wie
1992 von Kilpatrick argumentiert wurde, sollte - wenn schon nicht im Gespräch
über Moral und Gesetz, dann wenigstens unter Therapeuten und Forschern der
Befund "missbräuchlich oder nicht?" das Ergebnis und nicht die
Prämisse wissenschaftlicher Forschung sein.
Wie kommt es, dass dennoch so viele Leute aus dem wissenschaftlichen und
beruflichen Umfeld die Position vertreten, SKM sei schädlich, und die
Empfehlung ablehnen, bei den Untersuchungen sexuellen Kindsmissbrauchs
neutralere Begriffe zu verwenden? Bei einem Teil, so denke ich, stehen die
Bemühungen im Vordergrund, von den Viktimologen nicht verunglimpft zu werden,
denn deren Attacken auf alle, die diesen Fragenkomplex mit mehr Vernunft und
Objektivität angehen wollen, sind wohl bekannt (Okami, 1990; Neimark, 1996). So
wird jedermann, der in Sachen SKM nach Vernunft und Objektivität ruft, seine
Worte mit einer Einleitung versehen, wie sie bei Seligman (1994) zu finden ist:
"Einleitung: Ich bin der festen Überzeugung, dass sexueller
Kindsmissbrauch von Übel ist. Man muss ihn verurteilen und bestrafen." (S.
232)
[Geschäftliches]
Aber es gibt noch einen weiteren Grund: Geld. Wie von Dineen (1999)
festgehalten wurde, braucht die Psycho-Industrie (darunter versteht sie
Psychologen, Psychiater, Psychoanalytiker, in der Therapie beschäftigte
Sozialarbeiter und Psychotherapeuten) Opfer, um ihren Einflussbereich
auszuweiten, und deshalb "schafft sie Opfer". Schon früher war von
Tavris (1993) Ähnliches angedeutet worden, und zwar im Zusammenhang mit der
Bewegung der Inzest-Überlebenden. Laut Costin, Karger und Stoesz (1996) wird
sexueller Kindsmissbrauch in grossem Stil von Experten ausgenutzt:
Die Wiederentdeckung der Kindsmisshandlung durch den Mittelstand hat auch
zum Wachstum einer Kindsmissbrauchsindustrie geführt, die sich aus
opportunistischen Psychotherapeut(inn)en und aggressiven Anwält(inn)en
zusammensetzt, die vom sexuellen Kindsmissbrauch profitiert haben, indem sie
Erwachsene mit Erinnerungen an früheren sexuellen Missbrauch ausgewaidet und
diejenigen zu therapierter Erinnerung ermuntert haben, die keine solche
Erinnerungen hatten. (...) Ganz offensichtlich war das psychologische
Paradigma von Kindsmissbrauch ein Geschenk des Himmels (...) für Experten der
geistigen Gesundheit, die nach neuen Krankheiten Ausschau hielten.
Unglücklicherweise fielen dieser neuen Industrie Erwachsene zum Opfer, die
Gefahr laufen, erneut zum Opfer zu werden, diesmal von einer
Kindsmissbrauchsindustrie, die nach neuen Formen ökonomischen Wachstums
sucht. (...)
(...) Die breite Öffentlichkeit, die ein Herz hat für die traurige Lage
missbrauchter und vernachlässigter Kinder, merkt ironischerweise nicht, dass
sie einen Grossteil der Kosten tragen muss für einen ausser Kontrolle
geratenen und durch Nachfrage aufgeblähten Apparat an Juristen und
Therapeuten. (...) (S. 7)
Laut Dineen, Tavris und Costin et al. wurde sexueller Kindsmissbrauch zu
einem Tummelplatz von Opportunismus bei und Ausbeutung durch gewisse Leute, die
in der Gesundheitsbranche ihr Auskommen finden, ein ordentlich lukratives
Auskommen. Gemäss den Untersuchungen von Nathan und Snedeker (1995)
verfügte [the National Center for Child Abuse and Neglect] im Jahre 1983
nur über ein Budget von 1,8 Mio. Dollar. Damit musste es die Auslagen für
die Erforschung verschiedenster Formen des Missbrauchs und für Modellprojekte
abdecken (davon gingen nur 237'000 $ an Untersuchungen sexuellen Missbrauchs).
1984, ein Jahr nach dem McMartin-Skandal, wurde sein Budget vervierfacht.
146'000 $ gingen allein an Kee MacFarlane, damit sie mehr Kinder der
McMartin-Schule befragen konnte. (Darüber hinaus erhielt das CII (Children's
Institute International), MacFarlanes Geschäftsstelle, im Jahre 1985 350'000
$ von Kalifornien, womit das Institut zum ersten aus staatlichen Mitteln
finanzierten Ausbildungszentrum für Diagnose und Behandlung von
Kindsmissbrauch wurde (S. 127).
In den meisten Fällen wird sexuell missbrauchten Kindern, auch wenn sie asymptomatisch
sind, routinemässig Therapie angeboten (Beutler, Williams und Zetzer, 1994).
Finkelhor und Berliner (1995) schätzten, dass in erwiesenen Fällen von
sexuellem Kindsmissbrauch zwischen 44 und 73 Prozent der betroffenen Kinder
Therapie erhalten. Ein neuerer Bericht des Nationalen Instituts für Justiz
(Miller, Cohen & Wiersema, 1996) zeigte, dass Opfer sexuellen
Kindsmissbrauchs viel eher psychologisch und psychotherapeutisch betreut wurden
als Opfer anderer Verbrechen. So erhielten bis zu 50% und mehr Opfer sexuellen
Kindsmissbrauchs psychologische und psychiatrische Betreuung, jedoch nur 4% der
Opfer anderer Verbrechen. Und die durchschnittlichen Kosten für die Therapie
von Opfern sexuellen Kindsmissbrauchs waren nahezu 60-mal höher als bei Opfern
anderer Verbrechen (5800 $ im Gegensatz zu weniger als 100 $).
Nicht vergessen darf man die Kosten für weiteren Behandlungsbedarf im Soge
des sexuellen Kindsmissbrauchs, d.h. für die Therapie verdrängter Erinnerungen
(an sexuellen Missbrauch in früher Kindheit). So waren zum Beispiel im Staate
Washington die Kosten im Rahmen der Opferentschädigung für Erwachsene, deren
Ansprüchen eine verdrängte Erinnerung an frühen sexuellen Missbrauch zugrunde
lag, ungefähr viermal so hoch wie in anderen Fällen (Loftus, 1997; Parr,
1996). Während die durchschnittlichen Kosten in Fällen verdrängter Erinnerung
über 12'000 $ betrugen (in einem Fall gar 50'000 $), machten sie in der
Vergleichsgruppe im Durchschnitt nur 3'000 $ aus. In gerademal vier Jahren
bezahlten die Einwohner des Staates Washington über 2,5 Mio. $ für 325
Personen mit verdrängter Erinnerung. In den meisten dieser Fälle lautete die
Diagnose auf Multiple Persönlichkeitsstörung (MPS). Es war nicht
ungewöhnlich, dass Patienten es auf ein Dutzend oder 100, in einem Fall gar auf
700, in einem andern auf 3000 ihnen innewohnende Persönlichkeiten brachten. In
einer Studie wurden 183 dieser 325 Fälle einer näheren Prüfung unterzogen, 30
davon wahllos für weitere Untersuchungen herausgepickt: Alle 30 waren drei
Jahre, nachdem ihnen erste Erinnerungen zurückgekommen waren, immer noch in
Therapie; 60% (18) davon auch noch 5 Jahre darnach. Wie Paper (1994) festhielt,
ziehen Multiple Persönlichkeitsstörungen lange und teure Therapien nach sich.
Diese sind aber, nach seiner Beurteilung, nicht kosteneffektiv. Die Therapien
von Personen mit verdrängten Erinnerungen an frühen sexuellen Missbrauch sind
das Musterbeispiel für das, was Campbell (1994) wie folgt umschrieb:
Therapeut(inn)en, die eine rent-a-friend-Agentur
betreiben, mit Langzeitverträgen (S. 20). Das dient zwar den Interessen der
Therapeut(inn)en, nicht aber jenen der Patienten.
Das wirft die Frage auf: Was bekommen denn die Konsumenten und die
Gesellschaft im Allgemeinen für ihr Geld? Wenn wir die Behandlung von Kindern
und Jugendlichen in Betracht ziehen, die von einer sexuellen
Erwachsenen-Kind-Beziehung betroffen waren, muss man sagen: sie bekommen wenig
bis gar nichts. Finkelhor und Berliner (1995) überprüften 29 Untersuchungen
zum Thema der Effizienz therapeutischer Behandlung von sexuell missbrauchten
Kindern. Von den 29 Untersuchungen prüften 17 den Zustand vor und nach der
Therapie. Obwohl alle von Besserungen des Zustands berichteten, kann aber nicht
gesagt werden, dass diese Besserung der Therapie zu verdanken war. Wie Finkelhor
und Berliner festhalten, haben Langzeitstudien gezeigt, dass sexuell
missbrauchte Kinder mit der Zeit darüber hinwegkommen, mit oder ohne Therapie
(S. 1409). Drei der sieben Experimentalstudien in der Untersuchung führten
Kontrollgruppen mit. Diese konnten signifikante Unterschiede zeigen, doch
schränkten die Verfasser (des Übersichtsartikels) ein, dass dem wenig Gewicht
beizumessen sei, weil die Stichproben relativ klein seien (S. 1414). In den
Experimentalstudien mit gleichwertigen Gruppen (drei der fünf überprüften)
ergab sich gegenüber der Kontrollgruppe kein Vorteil für Kinder, die
therapeutische Behandlung bekamen. Obwohl diese Forscher bezüglich des
Resultats therapeutischer Hilfe eine positive Haltung einnahmen, betonten sie,
dass die laufende Forschung methodische Mängel aufweise
und die Effektivität therapeutischer Behandlung bei sexuellem Missbrauch erst
noch bewiesen werden müsse (S. 1415). [ Insgesamt 29
Untersuchungen, davon 17 Vorher/Nachher. Bleiben 12, nämlich 7 experimentelle
und 5 'quasi-experimentelle', also vermutlich nicht mit Zufallsauswahl sondern
mit Paarbildung o.Ä.]
Wie auch immer: die sich aus dieser Auswertung ergebenden Anhaltspunkte
decken sich mit jenen, die in alltagsbegleitenden Untersuchungen über die
Effektivität der Psychotherapie von Kindern und Jugendlichen vorgefunden
wurden, nämlich dass sie wenig oder nichts bewirken (U.S. Department of Health
and Human Services, 1999); Weisz, Weiss & Donenberg, 1992; Weisz, Weiss, Han,
Granger & Morton, 1995). Diese Resultate finden Unterstützung in
Untersuchungen über breit gefächerte Betreuungsangebote für Kinder und
Jugendliche. Eines dieser ehrgeizigsten Projekte war dasjenige von Fort Bragg (Bickman,
1996). Die US Army gab 80 Mio. $ aus, um zu beweisen, dass eine
Langzeitfürsorge und Drogenhilfe für Kinder und Jugendliche kostengünstiger
sei als die übliche Aufteilung auf Spezialisten (S. 689). Das Projekt bot
stationäre und ambulante Betreuung für mehr als 42'000 Kinder und Jugendliche
von militärischem Personal im Raum Fort Bragg (North Carolina) über einen
Zeitraum von fünf Jahren (von Juni 1990 bis September 1995).
Die Sektion Child Clinical Psychology der Amerikanischen Psychologischen
Gesellschaft (APA) und die Division of Child, Youth an Family Services Joint
Task Force hielten es für einen Modellfall.
Die Untersuchung dokumentierte, dass das Projekt einen besseren Zugang zu
Behandlungen ermöglichte, den Patienten in höherem Masse gerecht wurde und
einer Behandlung weniger Schranken setzte. Die Kosten aber waren höher und die
Therapieerfolge nicht besser als auf der Vergleichsseite. Diese Ergebnisse
führten Bickman dazu, "die Annahme von der Kosteneffizienz kommunaler
psychologischer Betreuungsangebote in Frage zu stellen" (S. 699).
Wenn also Therapie nicht hilft, kann sie bei SKM vielleicht gar schaden?
Hört man auf Seligman (1994), ist die Antwort: Ja. Er rief zur Vorsicht auf
bez. Therapie von sexuell Missbrauchten und hielt zum Beispiel fest, dass oft
darauf bestanden werden, dass das Missbrauchsopfer die schmerzliche Erfahrung
nochmals durchleben müsse, um sich zu befreien und Heilung zu erreichen. Obwohl
die Katharsis als therapeutische Methode eine lange Geschichte aufweist, gibt es
keine Beweise, dass sie auch hilft (Bushman, Baumeister & Stack, 1999;
Seligman, 1994). Im Gegenteil: Wie Seligman bemerkt, kann das nochmalige
Durchleben des Geschehnisses schädlich sein, da es das Geschehen im Gedächtnis
des Kindes verstärkt und den natürlichen Heilungsprozess stört (S. 234-235).
Auch auf dem Gebiet der Therapie verdrängter Erinnerungen kann dies
schädlich sein (Stocks, 1998). Eine Untersuchung des
Opfer-Wiedergutmachungsprogramms des Staates Washington lässt Vermutungen
aufkommen - ohne jedoch Beweise zu liefern -, dass bei der Behandlung
verdrängter Erinnerungen Schaden zugefügt werden kann (Loftus, 1997; Parr,
1996). Zwischen 1991 und 1995 wurden im Staate Washington in 325 Fällen
Wiedergutmachungszahlungen für die Therapie verdrängter Erinnerungen
gesprochen. Loni Parr, eine Krankenschwester in beratender Funktion, und Leute
aus dem Betreuungsteam gingen 183 dieser Fälle durch. Daraus wählten sie per
Zufallsprinzip 30 aus, um ein vorläufiges Profil dieser Fälle zu erstellen.
Was sie herausfanden, war alarmierend.
Durchs Band verschlimmerte sich der Zustand der Patienten während der
Behandlung. Bevor sie ihre Erinnerung an sexuellen Missbrauch wieder erlangt
hatten, hatten 3 (10%) von ihnen Selbstmord versucht oder an Suizid gedacht;
nach der Wiedergewinnung der Erinnerung waren 20 (67%) von ihnen
suizidgefährdet. Vor der Erinnerung waren nur 2 (7%) hospitalisiert, nachher 11
(37%). Vor dem Wiederauftauchen der Erinnerung hatte nur eine Patientin (3%)
sich selbst verstümmelt, nachher 8 (27%) (Loftus, 1997).
Weiter: Vor Antritt der Therapie hatten 25 (83%) der Patienten eine Arbeit;
nach dreijähriger Behandlung nur noch 3 (10%). 28 (93%) waren bei Beginn der
Behandlung verheiratet; innerhalb von 5 Jahren lebten 18 der 28 (64%) geschieden
oder getrennt. 21 der Patienten hatten minderjährige Kinder und ein Drittel (7)
verlor die elterliche Gewalt über ihre Kinder im Laufe der Therapie. Alle waren
sie ihren Familien entfremdet worden (Loftus, 1997; Parr, 1996).
Diese Patienten waren länger in Therapie als andere psychiatrisch behandelte
Patienten und wiesen ein hohes Mass an geistigen und emotionalen Problemen auf,
die während der Therapie entstanden waren oder sich verschlechtert hatten. Je
länger die Patienten in der Therapie waren, desto lebensuntüchtiger wurden
sie. Meistens lautete die Diagnose in diesen Fällen auf Multiple
Persönlichkeitsstörung, und es war nicht selten, dass Patienten Dutzende oder
gar Hunderte von Persönlichkeiten hatten, eine Person gar über 3000! Die
Resultate der Studie stützen die Schlussfolgerung von Ofshe und Watters (1994):
Überprüft man die Mode-Diagnose Multiple Persönlichkeitsstörung,
offenbart sich die Grausamkeit der Therapie bei verdrängter Erinnerung
besonders deutlich. Tausende von Patienten haben gelernt, die oft
kretinisierenden Symptome einer Störung aufzuweisen, die sie nie
hatten. Sie werden unfähiger, ein normales Leben zu führen, sie werden
abhängiger von der Therapie und unvermeidlicherweise mehr und mehr gestört
(S. 223).
Empfehlungen
Anstatt sich von der Untersuchung von Rind, Tromovitch und Bauserman zu
distanzieren, hätten die APA, die Wissenschaftler und Therapeuten eher die
Gelegenheit nutzen sollen, um:
1. die Öffentlichkeit über die Mythen zu informieren, die das Problem des
sexuellen Kindsmissbrauchs umgeben. Das schliesst mit ein, die Legende zu
begraben, dass eine sexuelle Handlung, nur weil sie eine moralische und/oder
strafrechtliche Norm verletzt, notwendigerweise oder sogar normalerweise zu
psychischen Schäden führe. Mit andern Worten: Es ist Zeit, wie es Rind und
Tromovitch (1997) vorschlagen, aufzuhören, in sexuellen Belangen
Ungesetzlichkeit mit Schädlichkeit gleichzusetzen.
Die Verewigung dieser Legende ist unethisch und hat möglicherweise einen
krank machenden Effekt, wie Schultz (1980) festhielt. Er schrieb:
Es scheint, dass wir willkürlich Normen für Minderjährige aufstellen und
dann ein Abweichen davon als traumatisch beurteilen. So ein Vorgehen ist
fachlich gesehen unethisch und schädigt möglicherweise Minderjährige, die
sexuelle Beziehungen mit andern unterhalten. Eine unangemessene
Trauma-Ideologie spielt den an die rechte Lehre glaubenden Experten gegen das
Kind oder die Eltern aus, die es anders sehen. Es entsteht die Gefahr einer
Art sich selbst erfüllender Prophetie, die das Problem erst schafft, das sie
angeblich verabscheut, aber das sie im Grunde genommen braucht, um ihre
Ideologie aufrechtzuerhalten, die sich darauf stützt" (S. 40).
Ein Beispiel dafür, wie der Fachmann damit gegen das Kind aufgebracht wird,
lieferte Germaine Greer 1975. Sie schrieb von der Erfahrung, die eine ihrer
Schulfreundinnen gemacht hatte:
In den Augen des Kindes und vom gesunden Menschenverstand her gibt es einen
enormen Unterschied zwischen einem Geschlechtsakt mit einem willigen Mädchen
und dem gewaltsamen Eindringen in die enge Vagina eines zu Tode erschreckten
Kindes. Eine Frau aus meinem Bekanntenkreis genoss es die ganze Kindheit
hindurch, Sex mit ihrem Onkel zu haben, und fand daran nichts ungewöhnlich,
bis sie zur Schule ging. Was sie dann störte, war nicht das, was ihr Onkel
mit ihr gemacht hatte, sondern die Haltung ihrer Lehrer und des
Schulpsychiaters. Diese gingen davon aus, dass sie davon traumatisiert und
angeekelt sein müsse und ganz besondere Hilfe gebrauche. Schliesslich
kapitulierte sie vor deren Erwartungen, sie begann Symptome zu simulieren, die
sie nicht wirklich empfand, bis sie sich schliesslich wirklich schuldig
fühlte, kein Schuldgefühl gehabt zu haben. Schliesslich fällte sie ein
ziemlich vernichtendes Urteil über ihre damalige Lüsternheit (zitiert in
Schultz, 1980, S. 39).
2. auf dem Gebiet sexueller Beziehungen zwischen Erwachsenen und
Nichterwachsenen zu forschen ohne das ideologische Vorurteil, das manche
Forschung auf diesem Gebiet kontaminiert hat. Für einen Neuanfang in dieser
Richtung ist es notwendig, das Etikett "sexueller Kindsmissbrauch" in
der wissenschaftlichen Literatur auf die Fälle zu beschränken, wo wirklich ein
Missbrauch stattfindet. Sexueller Missbrauch kann definiert werden als
unerwünschte sexuelle Erfahrung, die Gewalt, Drohung und/oder nachweisbaren
Schaden miteinschliesst.
3. aufzuhören, sexuell Missbrauchte automatisch einer therapeutischen
Behandlung zuzuführen. Sexueller Kindsmissbrauch ist keine psychische
Störung und kein psychiatrisches Syndrom (Finkelhor & Berliner, 1995). Es
ist eher ein Ereignis oder eine Kette von Ereignissen im Leben eines Menschen.
Behandlung ist nur angezeigt bei aktueller, offensichtlicher Schädigung. Die
Behandlung eines Kindes oder Jugendlichen ohne Symptome ist vergleichbar mit der
ärztlichen Behandlung eines Kindes oder Jugendlichen wegen eines
Fahrradunfalls. Nur wenige Kinder, die einen Fahrradunfall bauen, brauchen eine
Behandlung. Und wenn sie eine brauchen, dann eher wegen der ärztlichen
Versorgung als wegen des Ereignisses, das den Unfall verursacht hat. Mit andern
Worten: Kinder oder Jugendliche ohne Krankheitserscheinungen sollten nicht
therapiert werden.
Selbst wenn eine Schädigung offensichtlich ist, sollte eine Therapie nur mit
Vorsicht verordnet werden, da sie, wie von Seligman aufgezeigt, den Schaden
vergrössern und den natürlichen Heilungsprozess stören könnte. Die
Überreaktion von Eltern und Polizei, eine frühe therapeutische Intervention,
um die "Verleugnung" zu beseitigen, spätere therapeutische
Bemühungen zur Wiedergewinnung verdrängter Erinnerungen und das bewusste
nochmalige Durchleben der traumatischen Erfahrung können laut Seligman mehr
schaden als nützen. Deshalb empfahl er den Eltern, deren Kind missbraucht
worden war oder die selbst missbraucht worden waren, so rasch wie möglich
"die Lautstärke zu drosseln", d.h. Dampf wegzunehmen (S. 235).
Die übertriebene und unnötige Verschreibung von therapeutischer Behandlung
in Fällen von sexuellem Kindsmissbrauch blockiert und beschneidet auch
therapeutische Hilfe für andere Opfer und andere Opferbedürfnisse (Costin et
al., 1996). Schliesslich, und das ist der wichtigste Punkt, verunmöglicht sie
eine genaue Bewertung der Wirksamkeit therapeutischer Behandlung, da die
Patientengruppe verfälscht wird durch das Mitzählen derer, die von vornherein
gar keine Behandlung nötig haben.
4. mögliche Patienten auf die Gefahr ernsthafter Nebenwirkungen einer Therapie
aufmerksam zu machen. Sie müssen Bescheid wissen über die Wahrscheinlichkeit
einer erfolgreichen Behandlung wie auch eines Nichterfolgs, d.h. einer
Verschlechterung oder eines gleich bleibenden Zustands. Mögliche Patienten
haben ein Recht zu erfahren, ob die in Betracht gezogene Behandlungsmethode sich
bewährt hat, sich noch in der Testphase befindet oder ob die Forschung ihr
misstrauisch gegenübersteht. Mit diesem Wissen können künftige Patienten eine
informierte Entscheidung treffen, ob sie sich oder ihre Kinder einer mit Risiken
verbundenen Therapie unterziehen wollen.
Zusammenfassung
Die Untersuchung von Rind, Tromovitch und Bauserman über die Auswirkungen
sexuellen Kindsmissbrauchs auf College-Studenten ist politisch
"unkorrekt", aber wissenschaftlich korrekt. Sie enthält eine Anzahl
wichtiger Hinweise für Leute in der Forschung und in der Praxis. Einer der
wichtigeren ist, mit der Übertreibung der negativen Auswirkungen sexueller
Beziehungen zwischen Erwachsenen und Nichterwachsenen aufzuhören, was auch
schon früher sowohl von Browne und Finkelhor wie auch von Seligman gefordert
wurde. Ein anderer wichtiger Gesichtspunkt ist, eine Forschung zu betreiben, die
das Thema der sexuellen Erwachsenen-Kind-Beziehungen nicht mit einer politischen
Ideologie im Hinterkopf angeht, wie das bisher oft geschah. Und schliesslich ist
es an der Zeit, Schluss zu machen mit der üblichen Praxis, 1) nach SKM einen
psychischen Schaden zu erwarten und 2) routinemässig eine Psychotherapie zu
verschreiben.
Übersetzung: pa
Anmerkungen
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